PRESSE | SERVICE
WIENER JOURNAL, Edith Rainsborough
Gerald Nestler Kunst als Option
artmagazine, Roland Schöny
Gerald Nestler Unter dem Primat der Spekulationsalgorithmen
Wien.ORF,
Roland Maurmair, Ausstellung zeigt Sinnlichkeit und Naturtrieb
PARNASS, Martin Fritz
Julia Bornefeld, SUBLIME
DER STANDARD, Anne Katrin Feßler
Sylvia Eckermann: "Die digitale Freiheit wurde sofort ökonomisiert"
European Cultural News, Michaela Preiner
Sylvia Eckermann, Monster im Kunstraum
Die Presse, Johanna Hofleitner
Manfred Grübl
DER STANDARD, Anne Katrin Feßler
Manfred Grübl
WIENERZEITUNG, Christiof Habres
Thomas Feuerstein Vermehrt Algen
artmagazine, Margareta Sandhofer Thomas Feuerstein Kunst & Kohle
WIENERZEITUNG, Christiof Habres
Nicht nur die Aktie an der Wand
DER STANDARD, Anne Katrin Feßler
Erwin Bohatsch
DER STANDARD, Anne Katrin Feßler
Michael Goldgruber
Wo das Heroische bricht
Die Presse, Johanna Hofleitner
Michael Goldgruber
WIENERZEITUNG, Manisha Jothady
Sylvia Eckermann Im Takt der Stille
artmagazine, Roland Schöny
Sylvia Eckermann Im Verbund des Ungreifbaren
Die Presse, Johanna Hofleitner
Sylvia Eckermann Gegen den Verlust
der Gegenwart
PHOENIX , Sabine Dreher
Gerald Nestler Der Markt als schöpferischer Topos
Kunstbulletin, Patricia Grzonka
Gerald Nestler
WIENERZEITUNG, Christof Habres
Peter Sandbichler Bei der Arbeit
ORF Kulturjournal, Sabine Oppolzer
Peter Sandbichler
DER STANDARD, Christa Benzer
FALTER 2011, Nicole Scheyerer
Ricarda Denzer
artmagazine, Nina Schedlmayer
Sofia Goscinski head in the closet
WIENERZEITUNG, Christof Habres
Sofia Goscinski Porno im Spiegel und
Liebe in der Garage
fair, Brigitte Felderer
Unfaßbare Bilder - Zur Installation „naked eye“ von Sylvia Eckermann
artmagazine, Walter Seidl
DER STANDARD, Christa Benzer
DER STANDARD, Anne Katrin Feßler
Per Autostopp zum Prado nach Madrid
Die Presse, Almuth Spiegler
Kunstforum international, Dieter Buchhart
Nin Brudermann NASD Projekt Fledermaus
kunst.investor, Susanne Kritzer
Sammlung Bernsteiner
Wiener Zeitung EXTRA
Nina Schedlmayer
Liebhaber der Vielfalt
Springerin, Patricia Grzonka
Judith Fischer: Snow White.
Christian Hutzinger: Mild
Schöner Wohnen Österreich 10/98
Aus Liebe zur Kunst
KUNSTFORUM international, Band 174, S. 341 2005
Dieter Buchhart
Nin Brudermann
NASD Projekt Fledermaus
Bernsteiner Dependance, 26.11.2004 – 25.1.2005
NIN BRUDERMANN NASD Projekt Fledermaus, 2004 Bernsteiner Dependance, Wien Foto: Michael Goldgruber |
|
NIN BRUDERMANN NASD Projekt Fledermaus, 2004 Bernsteiner Dependance, Wien Foto: Michael Goldgruber |
|
NIN BRUDERMANN
|
Jahrzehnte lang diente der Westteil der puertoricanischen Insel Vieques
als U.S. Naval Ammunition Support Detachment (NASD), während der östliche
zu militärischen Übungszwecken bombardiert wurde. Als die U.S.
Navy 2001 unter öffentlichem Druck abzog, blieb auf der Insel eine
geisterhafte Bunkerlandschaft zurück, die binnen kurzer Zeit von den
auf der Insel heimischen Fledermäusen buchstäblich okkupiert wurde.
Ein Jahr nach Abzug des amerikanischen Militärs begann sich die in
New York lebende Künstlerin Nin Brudermann eingehend mit dem fast menschenleeren
von ihr als "Batropolis" bezeichneten Ort auseinander zu setzen.
Dabei mischte sie sich unter die WissenschaftlerInnen, die gelegentlich
die Insel besuchen, um die während der militärischen Übungen
kontaminierten Böden zu analysieren oder auch spezialisierte Studien
an Fledermäusen durchzuführen. Als Künstlerin drang Brudermann
in die Parallelwelt der Naturwissenschaften ein. Sie sammelte, dokumentierte
und forschte selbst.
Aus dem umfangreichen Material aus Videoaufzeichnungen, Fotografien, wissenschaftlichen
Analysen und gesammelten Pflanzensamen verfasste Brudermann eine Geschichte.
Wie bereits in dem Video "Baby Rhino" von 1996 verwendet die Künstlerin
dokumentarisches Bildmaterial zur Re-Inszenierung einer an sich wahren Begebenheit.
Doch während die Dramaturgie eines echten Hyänenüberfalls
auf ein junges Rhinozeros mit Happy End – ein Löwe vertreibt
die Hyänen – auf der dramatischen Zuspielung der gegensätzlichen
Musikstücke "Spiel mir das Lied vom Tod" und "What a
Perfect Day" aufbaut, ist das "NASD Projekt Fledermaus" weitaus
komplexer aufgebaut. Aus insgesamt fünf Kameraperspektiven, darunter
drei Helmkameras, schafft Brudermann eine Doppelprojektion einer nächtlichen
Exkursion durch die Bunker der Insel Vieques, die sie gemeinsam mit einem
ausschliesslich auf Fledermäuse spezialisierten Wissenschaftler unternahm.
Durch die Verwendung von Helmkameras spiegelt Brudermann den Blick des Forschers
wider und verweist auch auf Überwachungskameras und Realtainment und
unsere Lust das "echte" Leben anderer passiv zu erleben. Gleich
einer hautnahen Sportberichterstattung oder einer Reality Show kann dem
merkwürdigen Treiben der ProtagonistInnen gefolgt werden. So geht die
Gruppe von Bunker zu Bunker, fängt Fledermäuse ein und sammelt
deren ausgespuckte Samen. Dabei handelt es sich keineswegs um sadistische
Riten sondern um von SpezialistInnen angewendete wissenschaftliche Arbeitspraktiken.
Fledermäuse werden unter anderem zur Untersuchung ihrer Ernährungsgewohnheiten
in kleinen Säckchen gefangen, bis diese ihre Exkremente entleeren oder
mittels Klebestreifen werden Haare und anhaftender Staub gesichert, die
sowohl toxikologischen als auch botanischen Untersuchungen dienen: welche
Pflanzen werden von welchen Fledermäusen bestäubt, wo fliegen
diese herum, was fressen sie und vieles mehr. Die Wiedergabe der dargestellten
Welt ist grundsätzlich authentisch, wobei die Erzählsprache jene
der Künstlerin ist. Sie dringt sowohl in eine merkwürdige wissenschaftliche
Nische als auch in eine sinnentleerte militärische Struktur ein. Im
Unterschied zu Filmen wie "The Blair Witch Project" soll das Material
nicht nur Authentizität vermitteln, sondern ist tatsächlich dokumentarisch.
Hier nutzt Brudermann die Aufzeichnungen wissenschaftlicher Untersuchungen,
um mittels perfektem Schnitt und Soundmodulation ein Genre zwischen wissenschaftlicher
Dokumentation und gruseligem Dogmafilm zu schaffen. Es ist ein Grenzgang
zwischen Abenteuer und Forscherwahnsinn, dem sich die Künstlerin in
ihren Projekten stets gezielt aussetzt.
In ihrer Präsentation in der Bernsteiner Dependance – ein von
der Wiener Kunstsammlerfamilie Bernsteiner mit hohem Engagement geführter
Kunstraum – sucht Brudermann das installative Zusammenspiel des Zweikanalvideos
mit zu drei Tableaus angeordneten Videostandbildern, einer Vitrine mit lebenden
Pflanzen, Klebestreifen mit Proben und der Fotografie "Die Königin
der Nacht". Letztere zeigt eine gruselige Mondlandschaft mit dem nur
einmal im Jahr für nur eine Nacht blühenden von Fledermäusen
bestäubten Kaktus mit dem Namen Königin der Nacht. Ein bedeutendes
Ereignis für BotanikerInnen, Interessierte, TouristInnen und Pflanzennarren,
welches hier zum Teil einer unheimlichen Kulisse wird. Die lebenden Pflanzen
zog die Künstlerin aus den von den Fledermäusen ausgespuckten
und von ihr gesammelten Samen als ihren eigenen Forschungsbeitrag. Doch
obwohl alle ausgestellten Materialien Forschungsdokumente sind, formt sie
die Künstlerin schlussendlich zu Kulissenmaterial ihrer Nacherzählung
einer wahren Geschichte um. Sie spielt mit cinematografischen Codes aus
Horrorfilmen, baut Spannung mit geschickten dramaturgischen Mitteln auf,
ohne diese jedoch einzulösen. Denn das Projekt geht weit über
eine Auseinandersetzung mit der Naturwissenschaft hinaus. Die Künstlerin
widmet sich den grundlegenden Fragestellungen, was Authentizität und
Realität bedeuten und wie mit diesen Begriffen in Wissenschaft, Film
und Kunst umgegangen wird, wie diese instrumentalisiert und in Frage gestellt
werden (können). Was ist Fiktion und was Tatsache? Sind die Pflanzen
tatsächlich aus jenen von der Künstlerin gesammelten Samen gezogen?
Spielt dies eigentlich eine Rolle? Das Aufleuchten der Taschenlampen kreiert
in Brudermanns Videoprojektion die Geschichte, die im düsteren Dunkel
weitergesponnen werden kann. Es ist ein Vexierspiel von Wissenschaftsrealtainment,
wissenschaftlichen Relikten als (scheinbare) Beweisstücke des Echten
mit jener des Filmgenres.
Die Schau in der Bernsteiner Dependance ist ausserordentlich gelungen. Brudermann führt im Spiel mit filmischer, dokumentarischer und wissenschaftlicher Ästhetik nicht nur die Absurdität manch spezialisierter wissenschaftlicher Aktivitäten, sondern auch jene des menschlichen Seins an sich vor Auge. Im Zeitalter der Helmkamera und der sensationslüsternen massenmedialen Aufbereitung hinterfragt sie das, was wir als Realität vermuten. Die Arbeit ist vielschichtig und ihre Wirkung ist dramatisch, gruselig und absurd schön zugleich.