08. – 11.10.1999
Bei Familie Bernsteiner, Rudolf Simon Gasse 21, 1110 Wien
Ronald Kodritsch :
"Ich habe es immer geliebt, mich ernsthaft
zu amüsieren"
Francis Picabia
Malerei als offene Recherche zu betrachten, sich jeglicher zusammenfassenden
Charakterisierung zu entziehen sowie das eigene visuelle Repertoire stets
zu erweitern und zu transformieren, kennzeichnet die Malerei von Ronald
Kodritsch.
RONALD KODRITSCH
Mr. and Mrs. Batman 1999
Öl auf Leinen, 120x90cm
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Seine Arbeit ist ein offenes Ensemble von Vorgängen. Sie reflektiert
nicht nur die divergierende Vielfalt gegenwärtiger Visualität, sondern
ist auch anschauliche Analogie einer diskontinuierlich erfahrenen Gegenwart.
Kodritschs Malerei wendet sich auf eine Weise der Wirklichkeit zu, die es
für notwendig erachtet, konventionelle Realismen zu reanimieren. Seine
Kunst bewegt sich in einem offenen Spannungsfeld von individuellen Assoziationen
und kollektiven Verstehenskonventionen, indem sie formal eine gegenständlich-phantastische,
aber auch am Comic orientierte und mitunter extrem stilisierte Gestalt annimmt.
Aus einem selbst entwickelten, standardisierten piktorialen Repertoire werden
Elemente ausgewählt und im Sinne einer offenen Bildgrammatik verknüpft.
So taucht etwa die sich wiederholende Kakophonie "Frühstücken
Ficken Frühstücken Ficken..." erstmals in einer Zeichnung
aus dem Jahr 1998 auf, um dann zwei Jahre später in einem lieblich-kitschigen
Blumenbild wiederzukehren. Auf diese Weise gelingt Kodritsch eine ironische
Bedeutungsverschiebung, die dem Betrachter nicht nur eine differenzierte
Bildlektüre ermöglicht, sondern ihn zu einem assoziierenden, das
sichtbare fortsetzende Sehen animiert. Seiner mitunter frivolen Angriffe
erinnern dabei oft an die Unverschämtheiten der Dadaisten, allen voran
Francis Picabia. Wie dieser schreckt auch Kodritsch nicht vor Aktionen zurück,
die manchmal so sehr an Bubenstreiche erinnern oder das Bild eines gewitzten
Dandys heraufbeschwören. Denn wer glaubt, dass sich hinter dem Spruch:
"Gestern habe ich deine Mutter angepisst - ihr geht es gut" möglicherweise
eine andere Haltung verbergen könnte, als die der puren Unverschämtheit,
irrt.
Die Art der Provokation bewegt sich ganz bewusst an der Grenze zur Plattitüde
und nimmt auf solch amüsante Weise jegliche hyperintellektualisierende
Bildinterpretation vorweg.
Kodritschs Stärke liegt ganz offensichtlich in der Übertreibung.
Sein Interesse gilt dabei oftmals der Deformation, so etwas im "Tittenbild",
das in absurder Manier das Thema Genmanipulation aufzugreifen scheint. Darüber
hinaus findet sich in seinem Werk auch ein äußerst spielerischer,
phantasievoller Umgang mit dem Alltäglichen.
So etwa im "Selbstportrait als Besteck" oder der Arbeit "Wer
könnte sich hinter dieser Mauer verstecken", einem auf Leinwand
gemalten roten Ziegelwall, der den Betrachter erneut zur inhaltlichen Projektion
einlädt.
Die Triebfedern Ronald Kodritschs künstlerischen Schaffens scheinen
jedenfalls stets Humor und Ironie zu sein. Die Spontaneität, die seinen
Arbeiten innewohnt, diese Lust, den Betrachter vor den Kopf zu stoßen
oder ihm Fragen zu stellen, verleihen seinem Werk jene Leichtfüßigkeit
und Heiterkeit, die es letztlich dem Künstler selbst ermöglichen,
das eigene künstlerische Interesse in Abgrenzung zu historischen, regionalen
oder akademischen Eigenarten zu manifestieren.
Manisha Jothady, Wien
Ausstellungsimpressionen bei Familie Bernsteiner