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Kunstraum Bernsteiner 1997-2005
homesick
16.04. – 20.05.2005
NASD Projekt Fledermaus
26.11.2004 – 25.01.2005
09.10.
– 11.11.2004
szely&kopeinig — huber&reisner
sound and vision
10.+03.09.+27.08 2004 20:00h
Franziska Maderthaner
VISTA POINT
05.06.2004 – 07.08.2004
rupert huber — carmen malin
voyage anonyme
28.05.2004 19:30h
Marko Lulic
Treffpunkt Lagerhalle Ost
06.03.2004 – 07.05.2004
coming closer
29.11.2003 – 31.01.2004
bekommen
18.10.– 15.11.2003
EASY KILLERS
01.12.2000 – 21.12.2000
21.– 30.06.2003
16.–
19.03.2001
06.– 09.10.2000
10.06.2000
10/99–2/00
10.–
12.03.2000
screenshots
26.11.1999 – 06.01.2000
suchen und vergessen
26.– 28.06.1999
08.– 11.10.1999
Null
23.– 26.04.1999
22.– 25.01.1999
Schöner Wohnen
16.–
19.10.1998
19.–22.06.1998
17– 19.04.1998
irene laviña — michael blank
performance
17.04.1998 19:00
Wohnpartyküche
23.– 25.01.1998
TOTALLY HANDMADE
21.– 23.11.1997
16. - 19. 10. 1998
Bei Familie Bernsteiner, Rudolf Simon Gasse 21, 1110 Wien
Felix Malnig : Schöner Wohnen |
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FELIX
MALNIG Objekt: Liebespaar Lack auf Waschzuber, 1997 Ausstellungsansichten im Haus Bernsteiner |
FELIX MALNIG Einladungskarte |
Die Geschichte der Kunstbetrachtung bewegt sich seit rund hundert Jahren
zwischen den beiden Möglichkeiten der Form- und der Inhaltsdeutung.
War der akademische Blick des 19. Jahrhunderts noch streng auf die Ikonografie
eines Bildes gerichtet, so vollzog sich mit der anbrechenden Moderne ein
grundlegender Wechsel von der Inhalts- zur Formfrage. Nicht länger
der Inhalt stand im Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern die Art der Darstellung,
die formale Gestaltung, der Stil eines Werks. Lange Zeit feierte man den
Sieg der Form, erkannte ihren Eigenwert und postulierte ihre Autonomie,
endlich befreit von der Fessel des Inhalts.
Doch dieser kehrte zurück. Linguisten, Ethnologen und bald auch die
Kunstwissenschaftler erkannten, daß die Form nicht vom Inhalt getrennt
betrachtet werden darf, weil sich beide Bereiche stets überlagern,
verzahnen und gegenseitig bedingen. Das bedeutet in letzter Konsequenz,
daß Form und Inhalt nicht mehr auseinanderfallen, sondern ident sind.
Die Form ist der Inhalt, der Inhalt ist die Form.
Dieser Grundsatz strukturalistischen Denkens bildet auch den Ausgangspunkt
für Felix Malnig. Malnig malt Bilder, in denen der Inhalt auf eine
zwanglose Weise mit der (Präsentations-) Form korreliert. Man sieht
Alltagsgegenstände - und zwar in jeder Hinsicht: sowohl was die Motivik
betrifft, als auch was den Bildträger angeht. Malnig hält alltägliche
Szenen (schlafende Menschen, sich küssende Paare) oder räumliche
Gegebenheiten (Interieurs) fest - und er präsentiert sie auf einer
Noppenfolie aus Plastik. Plastik - also jenes Material, das vielleicht
wie kein zweites für das 20. Jahrhundert steht und das uns auf vielfache
Weise tagtäglich begleitet.
FELIX MALNIG |
Es geht dem Künstler in seinen Werken nicht darum, die technischen Bedingungen in den Hintergrund treten zu lassen oder gar vergessen zu machen. Umgekehrt ist es aber auch nicht sein Ziel, die dargestellten Motive abzuwerten und sie der realen Präsenz der Bildmaterialien zu opfern. Angestrebt ist vielmehr eine Position, wo beide Möglichkeiten gleichzeitig und gleichwertig bestehen können. Malnigs Arbeit ist - wenn man so will - ein in vieler Hinsicht offener Bereich, der auf ironische Weise den traditionellen Realismusbegriff aktualisiert. Maurice Denis viel zitierter Satz, daß ein Bild, ehe es ein Schlachtroß, eine nackte Frau oder eine beliebige Anekdote wird, seinem Wesen nach eine ebene, mit Farben bedeckte Fläche sei, wurde gleichsam um die Dimension der Noppenfolie erweitert. Die dargestellten Figuren und Gegenstände sind zwar als solche erkennbar, gleichzeitig ist es dem Betrachter aber auch möglich, den Bilderrahmen zu sehen, die Holz- und Metallverstrebungen, die Befestigung der Folie am Rahmen und natürlich auch die dahinter liegende Wand, an der das Bild montiert wurde.
Indem Malnig also das Bild auf mehrere Wahrnehmungsmöglichkeiten gleichzeitig
angelegt hat, kommt es zu einem Aufeinanderprallen angestammter kunsthistorischer
Grundbegriffe. So etwa wird die optisch - illusionistische Darstellung der
Gegenstände unterlaufen durch die haptische Evidenz des Rahmens. Der
lineare Grundcharakter vieler seiner häufig monochrom gehaltenen Szenen
wird permanent in Frage gestellt durch die Luftpölsterchen, die das
Bild malerisch auflösen. Und die Flächigkeit des Bildes entpuppt
sich schon beim ersten Hinsehen als trügerisch - dies vor allem deswegen,
weil die Transparenz der Folie die reale Bildtiefe offenbart.
Eine künstlerische Position, die derart spielerisch und souverän
traditionelle Denkmuster und Ordnungskriterien aufhebt, ist - darüber
kann kein Zweifel bestehen - mehr als nur eine formale Spielerei. Berührt
sie doch eine Thematik, die schon einmal Gegenstand unkonventionellen Denkens
war. Zu erinnern ist diesbezüglich etwa an Roland Barthes Mythen
des Alltags - ein Buch, das der gesellschaftlichen Rolle von Alltagsgegenständen
nachspürt. In diesem Buch findet sich ein Kapitel, das gänzlich
dem Plastik gewidmet ist. Dort heißt es: "Das Plastik ist die
erste magische Materie, die zur Alltäglichkeit bereit ist. Zum ersten
Mal hat es das Artifizielle auf das Gewöhnliche und nicht auf das Seltene
abgesehen ... Das Plastik ist weniger eine Substanz als vielmehr die Idee
ihrer endlosen Umwandlung. Das beruht darauf, daß die Wandlungsfähigkeit
des Plastiks total ist, es kann ebensogut Eimer wie Schmuckstücke bilden".
Oder, möchte man angesichts so mancher Arbeit von Felix Malnig hinzufügen:
Plastik kann Eimer als Schmuckstücke bilden.
Katalogtext, Georg Vasold, 1999